Sustainable Materials

Enschede Textielstad von Annemieke Koster

SUSTAINABLE INNOVATIONS Autumn.Winter 22/23 #2

30. Oktober 2021

Enschede Textielstad von Annemieke Koster

Bis in die 1970er Jahre gehörte Enschede in den Niederlanden neben Manchester zu den europäischen Textilhochburgen. Dann verschwand die textile Produktion immer mehr aus dem Stadtbild, weil es wesentlich günstiger war, Kleidung und Textilien in Niedriglohnländern herzustellen. Nachvollziehbarkeit, Schutz der Arbeiter:innen und Nachhaltigkeit bleiben dabei jedoch oft auf der Strecke – daher entstand Enschede Textielstad aus Annemieke Kosters Wunsch heraus, die Transparenz entlang der textilen Wertschöpfungskette zurückzubringen und die einstige Tradition der Stadt wieder aufleben zu lassen.

„I want to bring textiles back to Enschede and make it a city of textiles again – where professionals who still know the craftsmanship of yesteryear pull their knowledge and find innovative approaches. But then in a new, innovative collaboration.“

Lokal, natürlich, qualitativ hochwertig: In der Industrieweberei Enschede Textielstad entstehen natürliche und möglichst lokal produzierte Garne und Stoffe für Mode und Heimtextilien. Die Basis dafür bilden faire und umweltschonende Rohstoffe, die ausschließlich von bekannten Lieferanten bezogen werden: garantiert Made in Europe – für kurze Transportwege und einen geringeren ökologischen Fußabdruck. Das Angebot von Enschede Textielstad gibt diverse Optionen: Readymade Stoffe sind bereits produzierte Bestseller zum Direktkauf, Made To Order Stoffe sind gewebt, können aber individualisiert werden, oder Custom Made Stoffe für besonders individuelle Ideen, neue Stoffe oder zum Recycling von Produktabfällen – so ist für alle etwas Passendes dabei.


Chiengora instead of Angora

SUSTAINABLE INNOVATIONS Autumn.Winter 22/23 #1

15. Oktober 2021

Yarnsustain von Ann Cathrin Schönrock & Franziska Uhl

Oft werden Möglichkeiten für ethische und nachhaltige Lösungen nicht genutzt, obwohl sie eigentlich auf der Hand liegen. Fashion- und Knitwear-Designerin Ann Cathrin Schönrock und Textilingenieurin Franziska Uhl haben auf dem Markt für Garne vergeblich nach nachhaltigen und gleichzeitig hochwertigen Optionen gesucht und sind deshalb selbst kreativ geworden: Sie gründeten das Unternehmen Yarnsustain, um mit Garnen und Stoffen aus Hundehaar die Mode- und Textilbranche zu revolutionieren.

Schon 2017 hat Ann Cathrin Schönrock, die selbst Hundebesitzerin ist, angefangen, mit der Wolle ihres Hundes zu arbeiten – denn warum sollte dieses eigentlich als Abfall angesehene Material nicht auch für Kleidung oder zum Füllen von Heimtextilien genutzt werden? Gemeinsam mit ihrer Mitgründerin Franziska Uhl entwickelte sie das hochwertige Chiengora®, ein Garn, das aus der Unterwolle langhaariger Hunde besteht. Gefördert von der deutschen Regierung konnte die Organisation alleine in diesem Jahr mehr als zwei Tonnen Unterwolle sammeln und zu Garn verarbeiten.

Hinter dem Unternehmen stehen die NGO Saving Lost Resources e.V., Yarnsustain und das Markenunternehmen modus intarsia. In diesem Dreiklang leisten die Gründerinnen einen Beitrag zum Tierschutz, produzieren hochwertige Garne und verkaufen Kleidungsstücke aus Hundehaar – um so die Akzeptanz von Konsument:innen weiter zu fördern und Kleidungsstücke aus Hundehaar auf dem Markt zu etablieren.


From Trash to Treasure von Youyang Song

SUSTAINABLE INNOVATIONS Autumn.Winter 21/22 #4

7. Oktober 2020

Der Niederländer Simon Angel hat eine begabte Designerin ausfindig gemacht, deren Innovation es möglich macht, Textilien aus recyceltem Biokunststoff zu kreieren. Diese und drei weitere Entwicklungen präsentierte der Kuator der SUSTAINABLE INNOVATIONS während der FABRIC DAYS.

„Wir bewegen uns immer mehr hin zu einer Ära der flexiblen Organisationsform. Um das mal in die Welt der Materialien und Textilien zu übersetzen: Die Beschaffenheit von Materialien und der Komfort werden ein Comeback erleben“, erklärt Simon Angle in unserem kürzlichen Interview mit ihm.

Ein Beispiel dafür stellen wir Ihnen hier im Rahmen der SUSTAINABLE INNOVATIONS vor:

FROM TRASH TO TREASURE VON YOUYANG SONG

 

Wie können innovative Produkte entstehen, ohne dass neue Ressourcen verbraucht werden müssen? Wie kann das Wachsen der Müllberge aufgehalten werden? Altes nutzen, Neues kreieren: Die Designerin und Materialforscherin Youyang Song hat es sich zum Ziel gemacht, dabei zu helfen, ein Ökosystem zu entwickeln, das aus rein biologisch-abbaubaren Materialien besteht. Handtaschen aus Bananenschalen, Lampenschirme aus Sojamilch – die Designerin verarbeitet Bioabfall zu neuen Wertstoffen. So entstehen Produkte, die am Ende des Produktlebenszyklus wieder dem natürlichen Kreislauf zurückgegeben werden können.

„Unser Ziel ist es, eine Kreislaufwirtschaft rund um das Material zu erschaffen und mit unseren Produkten eine nachhaltige Entwicklung zu fördern.“

Youyang Song

Song hat die Technik “Cooking new materials” entwickelt, bei der Obstschalen oder Sojamilch mit einem natürlichen Bindemittel gemischt werden. „APeel“ nennt sich das weiche, innovative Material, das durch diesen Prozess entsteht. Das Naturprodukt ist außerdem wasserundurchlässig und robust wie echtes Leder, riecht fruchtig, hat eine natürliche Textur und ist komplett biologisch abbaubar. Mit Stil die Umwelt schützen: Mit ihrem Projekt möchte Song zeigen, dass umweltfreundliche Produkte nicht nur praktisch, sondern auch ästhetisch und stillvoll sein können.


Perfect Imperfection von Studio Mend

SUSTAINABLE INNOVATIONS Autumn.Winter 21/22 #3

30. September 2020

Die FABRIC DAYS präsentierten wegweisende Innovationen internationaler Hersteller. Sustainable Innovations Kurator Simon Angel stellte außerdem innovative Entwicklungen junger Designer im Rahmen des SUSTAINABLE INNOVATIONS Forum vor.

„Manchmal muss man sich gar nichts Neues einfallen lassen, um Innovationen zu erschaffen – alte Traditionen zu überdenken und ihnen eine zeitgemäße Note zu verpassen kann auch innovativ sein“, so Simon Angle in unserem kürzlichen Interview mit ihm.

Ein Beispiel dafür stellen wir Ihnen hier im Rahmen der SUSTAINABLE INNOVATIONS vor:

PERFECT IMPERFECTION VON STUDIO MEND

Die neue Jeans gibt es für 29,99€, das T-Shirt für 7,99€. Ständig wechselnde Trends, synthetische Stoffe und minderwertige Qualität: Seit Fast Fashion in den 1960er Jahren die Welt eroberte, kommt man immer und überall an neue Kleidung. Was kaputt ist, wird weggeschmissen und was nicht mehr in Mode ist, liegt ungenutzt im Schrank. Mehr als zwei Millionen Tonnen Textilmüll im Jahr fallen alleine in der Europäischen Union an. Wann hat sich unser Verhältnis zu Kleidung so verändert? Diese Frage stellte sich die junge Modedesignerin Sunniva Amber Flesland. 2019 gründete sie Studio Mend, um den emotionalen und materiellen Wert von dem, was wir tragen, wieder zu erhöhen.

„Ich bin begeistert von rohen Materialien, altem Handwerk, Traditionen und Schönheit – und ich bin auf der Suche nach Potenzialen, die nicht leicht zu finden sind.“

Sunniva Amber Flesland

Wertschätzen, reparieren, veredeln: Gebrauchspuren aus dem Leben der Kleidungsstücke werden im Studio Mend auf ganz besondere Weise ausgebessert. Island Weave, Edge Mend, Pinstripe Patch, Crossover Stitch: Zwischen diesen vier sorgfältig entwickelten Technikstilen kann der Kunde wählen, um sein beschädigtes Lieblingsstück wieder ganz zu machen. In Kombination mit individuellen Farbdesigns entstehen qualitative Unikate. Die Akzeptanz von Vergänglichkeit und Unvollkommenheit – das ist das Grundprinzip der japanischen Philosophie Wabi Sabi, die Flesland als Inpiration diente. Statt Fehler zu verstecken, werden sie als Zeichen eines ereignisreichen Lebens gefeiert. Sichtbar und raffiniert erschafft die Künstlerin wertvolle, ästhetische Einzelstücke als Statement für eine bessere Modewelt.


Living Material von Iris Bekkers

SUSTAINABLE INNOVATION Autumn.Winter 21/22 #1

Sustainable Innovations Kurator Simon Angel präsentierte Anfang September vier Innovationen für die Saison Autumn.Winter 21/22 bei den FABRIC DAYS. Der Niederländer ist immer auf der Suche nach interessanten jungen Designern, außergewöhnlichen Innovationen und den neuesten Entwicklungen in der Textilbranche.

In unserem kürzlichen Interview mit ihm, meinte er: „Im Sustainable Innovation Forum präsentieren wir die nahe Zukunft und zeigen, was bereits möglich ist.“

Nun geben wir Ihnen einen Einblick in die erste SUSTAINABLE INNOVATION dieser Saison:

LIVING MATERIAL VON IRIS BEKKERS

Passt nicht mehr, sitzt nicht richtig: Viele unserer Lieblingskleidungsstücke verlieren bereits nach kurzer Zeit ihre Form und werden direkt auf die nächste Müllhalde verschifft. Textilien, die sich an individuelle Körperformen und äußere Gegebenheiten anpassen, könnten die Mode- und Textilindustrie reformieren.

Um solche Textilien zu erschaffen, nutzt die Produktdesignerin Iris Bekkers in ihrem Projekt „Moving Structures“ auxetische Materialien, also dehnbare Materialien, die ihre Struktur an ihre Umgebung anpassen können. Als Teil ihres Abschlussprojektes an der Technischen Universität Eindhoven hat sie eine spezielle Gesichtsmaske entwickelt, die sich nicht nur an unterschiedliche Gesichtsformen anschmiegt, sondern auch ihre Filterfunktion an die Umwelt anpasst und atmungsaktiv ist.

Mehr Komfort, längere Tragezeit, weniger Müll: Durch ihre geometrischen Strukturen werden auxetische Materialien beim Dehnen nicht wie die meisten Stoffe dünner, sondern dicker. Das Potential solcher Stoffe reicht von Jacken, die sich der Jahreszeit anpassen und somit im Sommer und im Winter getragen werden können, bis hin zu Schuhen, die je nach Bedarf ihre Flexibilität und Stabilität verändern. Das Material zum Leben erwecken: Für ihre Designs denkt sich Iris Bekkers nicht nur in das Material und seine Beschaffenheit hinein, sondern auch in den Kontext, in dem die Stoffe genutzt und gebraucht werden. Nur so können ihre Entwürfe Mensch und Natur miteinander verbinden.

„Auxetische Stoffe sind Anfang und Inspiration für eine Reihe von anpassungsfähigen, transformierbaren Produkten, die unter unterschiedlichen Gegebenheiten optimal funktionieren. Durch diese Anpassungsfähigkeit steigen Wert und Funktion der Materialien. Gleichzeitig führt sie dazu, dass eine geringere Menge an Produkten notwendig ist.“

Iris Bekkers


SUSTAINABLE INNOVATIONS - Wo die großen Veränderungen stattfinden

ÜBER NACHHALTIGE INNOVATIONEN, GROßE VERÄNDERUNGEN & NEUE HERAUSFORDERUNGEN

EIN INTERVIEW MIT SIMON ANGEL

18. August 2020

Ein Interview mit SUSTAINABLE INNOVATIONS Kurator Simon Angel – der Niederländer, der immer auf der Suche nach spannenden Jungdesignern, außergewöhnlichen Innovationen und den Neuigkeiten der Textilwelt ist. Simon und die vier von ihm ausgewählten SUSTAINABLE INNOVATIONS der Saison finden Sie während der FABRIC DAYS im Foyer Halle 4.

Registrieren Sie sich noch heute für die FABRIC DAYS!

  1. Simon, welche Innovationen erwarten uns diese Saison?

Manchmal muss man sich gar nichts Neues einfallen lassen, um Innovationen zu erschaffen – alte Traditionen zu überdenken und ihnen eine zeitgemäße Note zu verpassen kann auch innovativ sein. „Das Neue“ bei dieser Ausgabe ist das Wiederbeleben bewährter Techniken, wie das Weben, das Reparieren oder das Recyceln. Pauline van Dongen webt beispielsweise Solarmodule an Textilien, im Studio Mend erhalten alte Modestücke einen neuen Wert, durch auxetische Stoffe bekommen Designs von Iris Bekkers eine neue Funktion und Youyang Song kreiert Textilien aus recyceltem Biokunststoff. All diese Projekten haben eins gemeinsam: Sie nutzen traditionelle Handwerkskünste und Materialien, aber auf eine neue und innovative Art und Weise.

  1. Die Corona-Pandemie hat die Welt 2020 in eine Zwangspause versetzt. Gleichzeitig hat die Krise die Bewegung hin zu einem nachhaltigen Lebensstil beschleunigt. Wie wird diese Entwicklung zukünftige Innovationen prägen?

Ich bin ja ein Optimist. Die diesjährigen Geschehnisse haben einen Wandel hervorgebracht. Ob wir es schaffen, in einen inspirierenden Flow zu kommen, hängt auch davon hab, wie wir an Dinge herangehen. Pandemien oder Hitzewellen – das sind alles die Wege der Natur, um uns zu konfrontieren. Genau wie wir Veränderungen in unserer Umwelt erleben, erlebt die Natur menschengemachte Veränderungen seit Jahren und antwortet nun darauf. All das führt zu einem Dialog – den wir dringend brauchen. Wir nehmen uns selbst immer mehr als Teil der Natur wahr. Designer, Wissenschaftler, die Industrie und die Verbraucher passen ihre Gewohnheiten an und hinterfragen alte Traditionen. Der Großteil von uns merkt nun endlich, was nötig ist, um unsere Welt zu retten. Das können wir nur schaffen, wenn wir die Balance zwischen uns selbst und der Natur finden.

  1. Es ist das sechste Mal, dass du das Sustainable Innovation Forum kuratierst. Wie unterscheidet sich die diesjährige Ausgabe von bisherigen?

Die Art und Weise wie auf nachhaltige Innovationen reagiert wird, ist neu. Der Dialog wird immer ernster. Das sieht man beispielsweise an der Location des Sustainable Innovations Forums dieses Jahr: Statt im Keyhouse ist es dieses Jahr im Hauptsaal positioniert, direkt im Herzen der Branche –dort, wo die großen Veränderungen stattfinden.

  1. Bei den diesjährigen Innovationen dreht sich alles um Materialien: Textilien, die aus Bioabfall hergestellt werden, Stoff, der sich an seine Umwelt anpassen kann – kannst du uns einen Einblick in das Material von Morgen geben?

Im Sustainable Innovation Forum präsentieren wir, was schon jetzt möglich ist. In der nahen Zukunft wird Inspiration in alten Traditionen, Handwerken und Ressourcen gefunden. Was kommt danach? Es ist schwer das vorauszusagen, da die Welt ihre Gradlinigkeit verliert. Wir bewegen uns immer mehr hin zu einer Ära der flexiblen Organisationsform. Um das mal in die Welt der Materialien und Textilien zu übersetzen: Designs und Formen werden nicht mehr im Fokus stehen. Die Beschaffenheit von Materialien und der Komfort werden ein Comeback erleben – und wir werden die Produktgestaltung mit all ihren Aspekten neu denken müssen. Dafür müssen wir alle Erwartungen hinter uns lassen und mit einem offenen Geist an die Sache herangehen. Wir müssen auf das universelle Wissen zurückgreifen, um etwas zu schaffen, das es in dieser Form noch nicht gegeben hat.

  1. Wie können wir die momentane Situation als eine Chance sehen, anstatt sie als Herausforderung zu betrachten?

Die aktuelle Situation zeigt uns den Gesamtzusammenhang auf. Die Menschen müssen sich selbst weiterentwickeln und den Status Quo infrage stellen. Wir müssen diese Erfahrung genießen, da sie uns einen ganz neuen Horizont eröffnet. Das zeigt uns auch die Munich Fabric Start: Mit den FABRIC DAYS haben die Organisatoren gezeigt, wie man es schafft, mit unvorhersehbaren Hürden und ständig wechselnden Umständen umzugehen – ein ziemlich gutes Rezept für die Zukunft, unsere Einstellungen, den mentalen Wandel und den permanenten Dialog miteinander. Also ja, jeder Tag ist eine Chance für ein besseres Morgen.

Erfahren Sie mehr über Simons nachhaltige Entdeckungen für die Saison Autumn.Winter 21/22 während der drei FABRIC DAYS Tage vom 1. bis 3. September 2020 im MOC München.

FABRIC DAYS AUTUMN.WINTER 21/22

 

ÖFFNUNGSZEITEN

1. SEPTEMBER 2020 · 9:30 – 18:30 Uhr
2. SEPTEMBER 2020 · 9:30 – 18:30 Uhr
3. SEPTEMBER 2020 · 9:30 – 16:00 Uhr

 

LOCATION

MOC München | Halle 1 – 4 Erdgeschoss
Lilienthalallee 40
D – 80939 München

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ReSOURCE - Nachhaltige Standards garantiert

Mit der zunehmenden Bedeutung von Nachhaltigkeit in unserer Gesellschaft wird die Gewährleistung wirklich nachhaltiger Standards von Käufern und Marken immer stärker nachgefragt. Im Vorfeld ihrer Ausstellung bei der kommenden ReSOURCE im Zuge der MUNICH FABRIC START haben wir die Vertreterinnen Heike Hess vom Internationalen Verband für Naturtextilien (IVN) und Franziska Dormann of Global Organic Textile Standard (GOTS) interviewt.

Kurz gesagt, vergibt IVN zwei Qualitätssiegel für ökologisch erzeugte Produkte: NATURTEXTIL und NATURLEDER. Für beide Siegel hat der Verband Parameter definiert, die in der Branche zum Standard geworden sind. Der Verband ist Mitinhaber von GOTS, dem weltweiten Standard für die Herstellung nachhaltiger Textilien im industriellen Maßstab.

Welche Frage wird Ihnen am Anfang des Beratungsgesprächs am häufigsten gestellt?

GOTS: Oftmals ist es eine generelle Einführung in den Global Organic Textile Standard, sprich was wird durch den Standard abgedeckt? Und wie wird dies sichergestellt? Durch die Überprüfung der strikten Sozial- und Umweltkriterien entlang der gesamten textilen Lieferkette – vom Feld bis zum Kleiderschrank – sorgt der GOTS für Sicherheit und Transparenz gegenüber dem Verbraucher. Die unabhängige Zertifizierung bringt Glaubwürdigkeit im Vergleich zu reinen Selbstaussagen.

IVN: Die meisten Besucher fragen uns nach Zertifizierungen und Siegeln. Wie kann man sich zertifizieren lassen, welche Stoffe und Accessoires muss man sourcen, um die Anforderungen für IVN BEST oder GOTS zu erfüllen oder wie unterscheiden sich unsere Siegel zu anderen, die in der ReSOURCE zu finden sind, registrieren Sie sich hier.

Welche Veränderung wünschen Sie sich von Brands in den nächsten 5 – 10 Jahren, um nachhaltige Aspekte der Textilindustrie herbeizuführen und diese zu verankern?

GOTS: Ich glaube, die Wichtigkeit und Dringlichkeit haben die meisten erkannt, denn keiner kann mehr lange unter dem Radar fliegen. Nachhaltigkeit interessiert denjenigen am meisten, der sich rechtfertigen muss. Das sind bei uns die Marken, die verkaufen. Interesse ist bei allen Beteiligten da, die Frage ist welche Handlungen folgen? Bei der Industrie reicht die Bandbreite von Greenwashing zu aufrichtig praktizierter Nachhaltigkeit. Bei den Verbrauchern geht es von bloßen Lippenbekenntnissen bis zur echten Bereitschaft, wirklich mehr für nachhaltige Produkte auszugeben.
IVN: Viele Einkäufer, vor allem Brands, suchen nach zertifizierten Stoffen. Für zertifizierte Stoffe aus Naturfasern ist die Auswahl in der RESOURCE recht groß, bei synthetischen und Regeneratfasern mangelt es aber an Produkten, die mit wirklich nachhaltigen Siegeln ausgezeichnet sind. Hier würde ich mir mehr Interesse der Brands wünschen, das zieht ein stärkeres Engagement der Stoff-Lieferanten nach sich.

Wie hat sich die Vorgehensweise von Brands bei der Recherche und beim Einkauf während der letzten Saisons verändert?

GOTS: Durch die Messen, aber auch gezielte Anfragen per E-Mail, wird deutlich, dass sich immer mehr Brands darüber informieren wollen, welche Lieferanten bereits GOTS-zertifiziert sind. Hier verweise ich dann auf die öffentliche Datenbank mit fast 6.000 zertifizierten Betrieben. Viele Unternehmen, die sich für den GOTS interessieren, wollen mit ihren bestehenden Lieferanten weiterarbeiten und gemeinsam den Weg der Zertifizierung ihrer kompletten Lieferkette gehen.
IVN: Man merkt deutlich, dass das Thema Nachhaltigkeit bei den Brands einen immer größeren Stellenwert einnimmt. Die Besucher der ReSOURCE sind besser vorbereitet und stellen konkretere Fragen. Viele suchen ganz gezielt nach bestimmten Produkten und haben klare Vorstellungen, wie ein Stoff beschaffen sein soll. Die Verweildauer der Brands in der ReSOURCE ist gestiegen. Auch mehr und mehr Einkäufer, die nicht explizit nachhaltigen Unternehmen angehören, zeigen Interesse an den Produkten, die in der ReSOURCE ausgestellt sind.

Was sind die Herausforderungen der Industrie für eine zukunftsorientierte Modebranche?

IVN: Je nach Größe und Ausrichtung der Modeunternehmen sind die Herausforderungen unterschiedlich. Kleinere Brands haben – gerade im nachhaltigen Segment – Probleme, zertifizierte Lieferanten zu finden, die auch kleine Metragen liefern. Größere Unternehmen haben viele verschiedene Materialien im Einsatz und entsprechend viele verschiedene Lieferanten. Hier den Überblick über die gesamte Lieferkette bis zum eigenen Unternehmen zu haben, ist schwierig, vor allem, wenn man Wert auf ein gewisses Nachhaltigkeitsniveau der Lieferanten und Vorlieferanten legt. Nach wie vor ist es eine Herausforderung, Zertifizierungen und Nachhaltigkeit mit der Wirtschaftlichkeit von Produkten in Einklang zu bringen. Für besonders modische Brands ist es noch immer anspruchsvoll, exklusive oder individuelle Stoffe und Additionals in nachhaltiger Qualität zu finden. Es gibt sicher noch einige weitere Herausforderungen, aber insgesamt ist es ein gutes Zeichen, dass es heute bedeutend einfacher und rentabler geworden ist, nachhaltige Mode zu produzieren als noch vor ein paar Saisons.